Ein anderer Sonntag gab mir die Gelegenheit, das Taoistische Museum von Wudang zu besuchen.
Die unzugängliche Wudang-Bergregion hat über Jahrtausende im Taoismus ihre ganz besondere Philosophie mit zugehöriger Architektur, Medizin, Musik und eben der Kampfkunst entwickelt. Berühmt sind vor allem die Tempel oben in den Bergen und die dort entwickelte Kampfkunst, das Wudang-Kungfu. Ins Musem hat man freien Eintritt und es ist derart sauber im Vergleich zu allem übrigen hier, dass ich mir gleich wie ein Ungeziefer auf polierter Marmorplatte vorkam. Der Kontrast ist halt gewaltig, weil hier überall sonst noch nicht wirklich ein funktionierendes Müllabfuhrsystem besteht (inzwischen weiß ich, es gibt gar kein offizielles). Die Leute schmeißen ihr Zeug einfach überall hin, dementsprechend liegt hier auch beständig ein leichter Fäulnis- und Abfallgeruch in der Luft.
Im Museum gab es Erklärungen und Modelle zu den Tempeln, viel Material zu den anderen erwähnten Künsten und eine einmalige Sammlung taoistischer Gottheiten- und Kaiserfiguren, alles gerettete Originale. Leider einerseits, aber andererseits glücklicherweise (deutet das doch auf den neu aufkeimenden Kulturstolz der Chinesen bezüglich ihrer alten kulturellen Wurzeln hin), durfte man außer im Eingangsbereich nicht fotografieren. Lustig und eindeutig ein ‚Kulturschmankerl‘ waren all die Texte, die im ganzen Museum an die Kleinode zur Erklärung angebracht waren: alles war ‚extraordinary beautiful‘, ‚of enourmous skill in handicraft‘, ‚unique in the universe‘, ‚uncompareable perfect‘ und derlei mehr :-).
Das ist aber nicht etwa chinesische Kulturüberheblichkeit, sondern die Höflichkeit dessen, der die Texte produziert, den Dingen (bzw. ihren Schöpfern) gegenüber, die beschrieben werden.
Die Ausstellungsstücke waren den Besuch aber auch wirklich wert und ich bin froh, dass sich die Reihenfolge nun so ergeben hat (denn eigentlich wollte ich am Sonntag auf die heiligen Berge und die Tempel besuchen. Da es allerdings geregnet hat (und die Chinesen bekanntlich regenscheu sind…) und Dano mit den Kindern dabei war, haben wir’s gelassen und sind stattdessen ins Museum). Auf diese Weise habe ich jetzt wenigstens ein bisschen Hintergrundinfos, wenn ich dann die Tempel besuchen gehe.