Fast hätte ich mit der Wahl des China-Aufenthalts-Termins einen riesen Glückstreffer gelandet. Vorgestern gab es hier nämlich eine besonders lange Sonnenfinsternis zu beobachten. Leider war es bewölkt. Nun ja, das kommt eben vor, versuche ich mich zu trösten – wenn man aber bedenkt, dass wir armen Kungfu-Schüler uns hier Tag für Tag unter brütender Sonne sämtliches Wasser aus dem Leib schwitzen, dann ist das schon irgendwie ironisch.
Immerhin, gerade zu den letzten zehn Minuten, als der Mond die Sonne nach unten hin verließ, konnten wir doch noch durch einen dünnen Wolkenfilm etwas sehen. Das war leider nicht mehr viel, viel beeindruckender sind letztlich die Bilder geworden, von den Kungfsu-Schülern im Eclipse-Fieber im Tempelhof.
Im Vorfeld gab es noch eine sehr interessante Geschichte, die ich allerdings nur aus zweiter Hand kurz umreißen kann, da ich nicht dabei war. Am Vorabend der Sonnenfinsternis nämlich versuchten Lisa, Karen, Oli und ich in Wudangshan Schutzbrillen aufzutreiben. Denkste. In der ganzen Stadt nichts. Nach einigen enttäuschenden Versuchen und vielen Nachfragen beschlossen Oli und Lisa schließlich, das Abendtraining sausen zu lassen und nach Shiyan, in die nächste große Stadt, zu fahren. Dort wollten sie ihr Glück versuchen.
Unzähligen Nachfragen bei Einheimischen mündeten allesamt in unmögliche, immer gleichzeitig vorgetragene Wegbeschreibungen: jaja, die Straße hoch und dann ist das gleich neben dem Teegeschäft – welches Teegeschäft? wir kennen uns hier nicht aus… – na, das Geschäft gegenüber vom Museum – wo ist das Museum? – an der großen Kreuzung – welche Kreuzung? – gleich beim Hotel xy… - Und dann ein Anderer: nein, das ist alles ganz falsch, ihr müsst hier erstmal …und so weiter!
Schließlich landeten Oli und Lisa im Department of Weather Control, wo sie im Aufzug stecken geblieben sind. Echt!, wie im Film. Als also der Aufzug hängen blieb, wurden sie per Schriftzug aufgefordert, einen Notrufbutton zu betätigen: ‚in case of life breakdown, please press button‘ – leider gab es keinen solchen button. Immerhin gab es ein Notfalltelefon, über welches Lisa dann also um Hilfe ersuchen wollte. Es war besetzt!
Als unsere beiden tapferen ‚Pfadfinder‘ da schließlich wieder rauskamen, landeten sie nach weiteren, unermüdlichen Versuchen schließlich in einem Schuhladen, welcher diese Brillen als Dreingabe bei größeren Einkäufen hergab. Bei zwei verschwitzten, erschöpften, extra angereisten und die halbe Stadt danach absuchenden Bürgern hatten die Inhaber dann allerdings andere Ideen und knöpften Oli und Lisa schließlich richtig Geld dafür ab; trotz Lisas wirklich unvergleichlichem Geschick im Handeln. Das ist wirklich ironisch, in Deutschland, nehme ich an, hätte es diese Brillen an jeder Ecke gegeben – und zwar sicher ‚made in China‘ und für ein paar Cent. Naja, nach der Tour war’s das Wert und das Foto vom Meister mit Brille wiegt es auf, oder?