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Ich habe Glück! Ich war heute mal schnell und kann den Hühnerfuß ergattern!
Der Kopf war halt schon weg...

So - nach geraumer Zeit an Assimilationsleistung hier wage ich mich mal ans Grundsätzliche: das Essen.

Wie wir alle wissen, werden ich China Hunde verspeist, Schlangen, Käfer, Larven, kleine Kinder und Hexen. Oder so ähnlich.

Mit welchen Vorstellungen auch immer ich hierher gekommen bin... wie auch immer... China, insbesondere das Leben unter Einheimischen bedarf defintiv eines starken Magens oder vielmehr einer tiefgreifend entspannten Magen-Augen-Interaktion.

Die überraschenden Zutaten in den Gerichten sind dabei der deutlich unspektakulärere Teil.

Spektakulär sind andere Dinge:

Hühnchen: sie werden hier gleichzeitig verspeist wie gefüttert. Direkt draußen vor dem Speiseraum befindet sich der Verschlag für die Hühner. Schlau - so spart man sich das Putzen im Saal, denn die zukünftigen Suppenhühner spazieren darin umher und verspeisen die Überreste ihrer ihnen vorangegangenen Familienangehörigen.

Hühnerverschlag
Hühnerverschlag
Abendessen von morgen

Nun ja. Sei es ihnen gegönnt.

Noch interessanter wird es nämlich, wenn die Menschen die Hühnchen verspeisen. Mit Stäbchen ist es nicht so leicht, das Fleisch von den Knochen zu bekommen und so hat sich unter den Chinesen auch eine gänzlich andere Technik herausgebildet. Man nimmt ein Stück samt Knochen in den Mund und arbeitet es darin solange hin und her - unter zuhilfenahme von Fingern, Stäbchen, dem Schüsselrand - bis man den Knochen im Mund freigefieselt hat. Wohin damit? Zurück in die Schüssel ist irgendwie blöd, will man ja draus weiter essen. Tellerrand gibt es keinen. Daher spucken die Chinesen die Knochen (und übrigens auch alles andere, was ihnen an der aktuell im Mund befindlichen Portion nicht zusagt) schlichtweg auf den Tisch. 

Da wir nur 8 Sitzplätze zur Verfügung haben, bedeutet das, dass man am besten bei der ersten Rutsche am Esstisch dabei ist - späterhin muss man seine eigene Schüssel präzise in die runde Müll-Aussparung setzen, die die Vorgängerschüssel hinterlassen hat... und immer so weiter. Bis am Ende die Hühnchen und Hunde kommen und aufräumen.

IAuch, dass die chinesischen Essgeräusche sprichwörtlich sind wusste ich natürlich vorher. Aber vom Ausmaß hatte ich keine Ahnung. 
Der Südafrikaner Nathan und ich sind die letzten nichtchinesischen Schüler der Academy, die unsere "Mensa" nicht inzwischen systematisch meiden. Die Basken z.B. essen grundsätzlich überhaupt nicht mehr hier, sie fahren zu jeder Mahlzeit in die Stadt. Selbst Dano, selbst Chinesin, holt sich nur noch Essen dort und isst dann mit ihren Kindern auf dem Zimmer.
Ich habe beschlossen, es durchzustehen, aber das Ausmaß an akustischen und optischen Barrieren die ich hierfür aufbauen und während der Dauer der Mahlzeit intakt halten muss, ist wirklich kaum beschreibbar. Die Chinesen essen grundsätzlich mit offenem Mund und schmatzen und schlürfen dabei so laut, dass ich, wenn ich mich mit jemandem unterhalte, öfter mal nachfragen muss, weil ich wegen dieser Geräusche die Sätze nicht verstehe! Die Chinesen selbst unterhalten sich sogar noch währenddessen, keine Ahnung wie, ich vermeide es, mir diese Frage zu stellen. Die Tischoberfläche danach ist ausreichend als Auskunft. 

 Dabei klingt schon an, dass dieser Raum einfach viel zu eng ist, um alle Hungrigen unterzubringen. Das ist zwar wohl eine Sondersituation, da zur Zeit (chin. Sommerferien) einfach sehr viele Schüler dieses Haus bewohnen, aber andererseits denke ich mir, dass die Grundidee ja schon sein wird, das Haus so oft wie möglich so voll wie möglich zu haben. Wenn jetzt alle, die ohnehin gar nicht mehr hier essen, das doch tun würden, dann müssten wir uns draußen auf die Hühnerleiter setzen.
Ich denke, nach allem, was ich so lese und höre, habe ich es mit dieser Situation dennoch vergleichsweise gut und so werde ich auch weiterhin meine Scheuklappen pflegen und mich insgeheim immer mehr darauf freuen, mit Andy zu Essen wenn ich wieder da bin. Und er müsste sich noch nichtmal besonders manierlich aufführen ;-), es käme mir vor wie das zivilisierteste Mahl seit Gezeiten.

Aber es gibt auch Gutes: Richtig lecker ist das Mantu, ein dampfnudelartiges Brot. Es ist komplett weiß und schmeckt nach nichts. Man kann es mit Reissuppe tränken, dann schmeckt es allerdings immernoch nach nichts. Woran es genau liegt, dass ich ‚nichts‘ als ‚gut‘ empfinde, kann ich nicht erklären. Jedenfalls ist dieses Brot das kulinarische Highlight des Tages. Gut ist auch das Gemüse mit vielen mir unbekannten Kürbis-, Zucchini- und Gurkensorten. Allerdings wird es mit so viel Öl zubereitet, dass mein armer Magen doch recht dran zu kämpfen hat. Aber durch den vielen Sport in Verbindung mit dem vielen Wasser (das sind hier 4-5 Liter Trinkmenge am Tag, einfach durch Training, Luftfeuchtigkeit/Schwitzen und Hitze) und ein paar chinesische Tricktees geht es dann schon.

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