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Die harte körperliche Betätigung fordert ihren Tribut.

Arme, Beine, Rücken, aber vor allem die Knie sind 9 Stunden tiefen Stand am Tag nicht gewöhnt.

Ich habe die Stockform begonnen und merke mit all den Drehbewegungen und der herrschenden Drehkraft des Stockes meinen immernoch lädierten Nacken.

Also beschließe ich am Sonntag in die Stadt zu fahren und mich mal mit der zentralchinesischen medizinischen Straßenversorgung vertraut zu machen.

Dano schließt sich mit den Mädchen an, die beide von den abnormen Mückenstichen (es gibt hier wie wir inzwischen wissen eine Mückenplage diesen Sommer) geschwollene Pusteln an Armen und Beinen haben.

Wir müssen nicht lange suchen, bis wir eine Apotheke finden.

 

Dies war der Anfang eines nachmittagfüllenden Apothekenaufenthalts. Nachdem der ‚Apothekendoktor‘ die Arme der Mädchen genauestens unter die Lupe genommen hatte (wirklich!), begann die Zubereitung von mehrschichtigen Wundpflastern: zuunterst ein Stück Mull, dann eine nicht definierbare, pechschwarz ausgekochte Pampe, dann eine nicht identifizierbare weiß ausgekochte Pampe und schließlich ein nicht identifizierbares gelbes Pulver. Davon hat der alte Herr mit einer Präzision, die eher nach Mikrochipherstellung aussah, so etwa fünf Stück zusammengebastelt. Das Ganze dauerte durchaus so lange, dass ich schon dachte ‚jetzt ist es aber mal gut‘. 

Schließlich waren die Mückenstich-Applikationen eingepackt und bezahlt, dann kam ich an die Reihe. Es ging eine beachtliche Prozedur los: der Apothekendoktor hat erstmal mindestens 10 Minuten lang meinen Puls gefühlt. Dann war er der Meinung, ich hätte mich verkühlt (weil ich mit kaltem Wasser geduscht hätte – was stimmt, aber abgesehen davon, dass wir kein warmes haben, war es auch einfach viel zu heiß für warmes Wasser). Naja, ich beschloss, mich mal darauf einzulassen. Nach seiner Diagnose begann er, mit aller Ruhe und Zeit der Welt über ein Blatt Papier zu sinnieren, auf dem er erst meine Diagnose niederschrieb und dann nach und nach die Namen und Mengen verschiedener Pflanzen, die für meine Medizin gemischt werden sollten, auflistete. Das dauerte unglaublich lange. Schließlich war der Zettel fertig und er hat ihn seiner Frau gegeben, die dann, wiederum mit aller Zeit der Welt, begann, die vielen Dinge zusammenzusuchen, abzuwiegen und auf großen Papierblättern zu verteilen. Das gab eine hübsche bunte Mischung. Vieles sah aus, wie kleingeschnittene Äste, Rinde und Pilze, aber auch Gräser und Blüten. Jedes Päckchen wurde dann noch einzeln in einen Beutel umgefüllt – am Ende bekam ich noch ätherische Pflaster für meine Knie und dann zog ich mit meiner ganzen Tüte voll Zeugs nach Hause. Die Pflanzen muss ich zwanzig Minuten auskochen und das ergibt eine ziemlich braune Brühe, die irgendwas zwischen süß, scharf und bitter schmeckt, nicht schlecht und nicht gut. Aber auf jeden Fall ziemlich befremdlich. Die erste Ladung hab‘ ich zumindest schonmal vertragen (auch wenn uns der Apothekendoktor vorsichtshalber seine Telefonnummer mitgegeben hat) und jetzt probier ich es eben mal brav nach Anweisung aus. Bin schon gespannt – wahrscheinlich krieg ich nie wieder Schnupfen!

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